Traumberuf Bergführer (1/4)
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Bild oben: Boris Textor
Der schönste Beruf der Welt? Draußen, in den Bergen unterwegs sein. Das, für was andere Geld bezahlen, machen und dabei Geld verdienen. Klingt traumhaft, oder? Aber was muss man dafür tun? Und kommt der Spaß wirklich ohne Nebenwirkungen?
Susi Süßmeier aus dem Mountain Equipment Team ist staatlich geprüfte Berg- und Skiführerin und stellt uns den (für sie) schönsten Beruf der Welt in einer vierteiligen Serie vor.
[Hinweis: Susi ist das beste Beispiel, dass der Bergführer-Beruf nicht nur was für Männer ist! Aus Gründen der Lesbarkeit verwendet sie in ihrem Text dennoch nur die Form „Bergführer“ – will damit aber alle Bergfreunde, unabhängig ihres Geschlechts, ansprechen.]
Teil 1: Wer darf eigentlich führen?
Um in den Alpen gegen Entgelt führen zu dürfen, gibt es verschiedene Ausbildungen, je nach dem, in welchem Land und was man führen möchte (für Vereine gelten andere Regeln, dies fällt aber auch nicht unter „Führen gegen Entgelt“ sondern als Vereinstätigkeit). Vielmals habe ich bei meinen Gästen wahrgenommen, dass ihnen die Führungsberufe gänzlich unbekannt sind. Jede Person, die sie in den Bergen gegen Entgelt begleitet, wird „Bergführer“ genannt. Dabei gibt es wissenswerte Unterschiede in den Ausbildungen und Kompetenzen. Dass in vielen Ländern für das Führen Ausbildungen verlangt werden, ist wichtig. Denn die Berge sind kein Golfplatz und der Grat zwischen Hochgefühl und Unglück ist oftmals schmal. Überhaupt gibt es in den Bergen immer ein Restrisiko, aber durch Erfahrung und Wissen kann dieses deutlich reduziert werden. Aber zurück zur Frage:
In den meisten Ländern ist für Bergwanderungen, welche ohne zusätzliche Hilfsmittel (Steigeisen, Pickel, …, ausgenommen Schneeschuhe) und Sicherungsmittel (Seil, Klettersteig-Set, …) möglich sind, eine Ausbildung als Bergwanderführer nötig. Bergwanderführer dürfen auf einfachen und mittelschwierigen Bergwegen im Sommer und Schneeschuhwanderungen in nicht lawinengefährdetem Gelände im Winter führen.
Für alles darüber hinaus, also schwierige Bergwege, Klettertouren, Klettersteige, klassisches Bergsteigen und Hochtouren, Eisklettern und Skitouren benötigt man die Ausbildung zum staatlich geprüften Berg- und Skiführer.
Anmerkung zu Deutschland: Es gibt ausschließlich in Bayern ein Berg- und Skischulgesetz, das Regelungen zum Bergführen vorsieht.
Voraussetzungen
Beiden Ausbildungen ist gemeinsam, dass Erfahrung und persönliches Können schon vor Ausbildungsbeginn vorhanden sein müssen. Das Ziel der Ausbildung ist das Vermitteln eines sicheren und guten Führungsstiles. Wer also die Bergführerausbildung machen möchte, muss schon ein guter Bergsteiger, Kletterer und Skifahrer sein. Und auch für die Bergwanderführerausbildung wird eine gute Kondition und sicheres Gehen im alpinen Gelände vorausgesetzt, was nur durch viel Erfahrung kommt.
Wanderführer werden
Während in Deutschland vielmals „geeignete Personen“ Wanderungen führen, gibt es in anderen Alpenländern gesetzliche Regelungen, wer wo was führen darf. In Österreich zum Beispiel gelten in den einzelnen Bundesländern unterschiedliche Regelungen und es gibt jeweils eigene Ausbildungskonzepte. Diese Abschlüsse sind jedoch oft nicht in anderen (Bundes-) Ländern anerkannt. Eine der ausführlichsten und international anerkanntesten Ausbildungen macht die UIMLA (Union of International Mountain Leaders Association). Sie wird beispielsweise vom Verband Deutscher Berg- und Skiführer (VDBS) angeboten, beginnt mit einem Aufnahmetest und umfasst 42 Tage Ausbildung und 20 Praktikumstage. Hier erfährst du mehr zu VDBS Wanderführer-Ausbildung.
Bergführer werden
Voraussetzungen
Ein sehr hohes persönliches Können und viel Erfahrung im Gebirge sind die Grundvoraussetzungen, um Bergführer werden zu können. Das nötige Können und Gefühl für die Berge bring meist nur jemand mit, der gerne seine ganze freie Zeit in den Bergen verbringt oder zumindest in früheren Jahren verbracht hat. Es reicht also nicht aus, wenn man im achten oder neunten Grad in der Halle klettern kann. Umso höher das eigene Niveau ist, umso weniger muss man sich in der Ausbildung auf sich selbst konzentrieren und umso mehr Aufmerksamkeit kann man auf das Erlernen der Führungstechniken verwenden.
Wo mache ich die Ausbildung?
Der Ablauf der Bergführerausbildung unterscheidet sich zwischen den einzelnen Ländern teilweise sehr, jedoch führt sie in den allermeisten Ländern weltweit zum gleichen Abschluss, dem Bergführerabzeichen der IFMGA (International Federation of Mountain Guides Associations) oder zu Deutsch der IVBV (Internationale Vereinigung der Bergführerverbände). Daher ist es eigentlich egal, in welchem Land man die Ausbildung absolviert.
Beschäftigt man sich ein bisschen mehr mit den Ausbildungen in den verschiedenen Ländern, findet man bei jeder Vor- und Nachteile. Die allermeisten machen die Ausbildung in ihrem Herkunftsland, sofern es dort eine Ausbildung gibt.
Ich habe die Ausbildung in Deutschland oder besser gesagt beim VDBS gemacht. Die Lehrgänge haben im gesamten Alpenraum stattgefunden. Im Folgenden kann ich ein wenig über den Ablauf beim VDBS erzählen:
Tourenbericht und Aufnahmeprüfung
Möchte man sich zur Bergführeraufnahmeprüfung anmelden, muss man einen Tourenbericht, also eine Liste an absolvierten Touren, abgeben. Dabei wird eine bestimmte Anzahl von Touren in bestimmten Kategorien gefordert, zum Beispiel 20 verschiedene alpine Felstouren, darunter fünf Touren mit min. 250m Wandhöhe im Schwierigkeitsgrad VII.
Passt der Tourenbericht, darf man zur Aufnahmeprüfung. Diese besteht aus zwei Teilen, einem Winterteil und einer Sommerprüfung. Beide Prüfungen ziehen sich über jeweils fast eine Woche. Ist alles bestanden, darf man mit der Ausbildung beginnen. Fällt man durch, muss „nur“ der betreffende Prüfungsteil im nächsten Jahr wiederholt werden.
Ausbildung
Die Ausbildung umfasst über 90 Ausbildungstage, die thematisch in Blöcke unterteilt sind. Bergrettung, Sportklettern, Führen im Fels, Theorie, Lawinen, Skitouren und Führen im Hochgebirge sind die Lehrgänge, die man erfolgreich absolvieren muss, um den Status „Aspirant“ zu bekommen und die ersten Praktika und Führungstouren durchführen zu dürfen. Ein Lehrgang dauert zwischen 6 und 13 Tagen und beinhaltet manchmal nur Ausbildung, manchmal einzelne Prüfungen und manchmal wird man über den gesamten Lehrgang beurteilt. Der Prüfungsmodus hat natürlich Auswirkungen auf den Kurs, am feinsten sind die Kurse ohne Prüfungen oder mit nur einzelnen expliziten Prüfungsteilen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese Kurse viel „lebhafter“ sind, es werden dort viel mehr Fragen gestellt und diskutiert. Den Ausbildungsabschluss bilden vier staatliche Prüfungen, in Theorie, Skihochtouren im Winter, sowie Hochtouren und Felsführungen im Sommer. Dabei wird nicht nur geprüft, ob der angehende Bergführer ein Gefühl für die nötigen Sicherheitsmaßnahmen hat. Daneben wird die Fähigkeit Wissen zu vermitteln anhand sogenannter Lehrproben geprüft. Auch in Bergrettungstechniken gibt es Prüfungen.
📷 Die Ausbildung umfasst auch Schneedeckenuntersuchungen, Spaltenbergung und Führen am kurzen Seil. (Bilder: Eva Winter, Boris Textor, Susi Süßmeier)
Ausbildungsdauer
Die Ausbildung dauert mindestens 2,5 Jahre, muss aber nicht in dieser Zeit absolviert werden. Kurswiederhohlungen, Verletzungen oder keine Zeit/Urlaub an den Kursterminen sind mögliche Gründe warum die Ausbildung länger dauern kann.
Kosten
Wer neben der Ausbildung studiert, hat es wahrscheinlich leichter, die benötigte Zeit für die Ausbildungskurse aufzubringen. Dafür stellt sich die Frage der Finanzierung der nicht günstigen Ausbildung. Eine Lehrgangswoche kostet zwischen 400 und 500 Euro an Lehrgangskosten zuzüglich Unterkunft, Verpflegung und sonstiger Nebenkosten wie Bergbahntickets. Pro Ausbildungswoche kann man also mit knapp einem Tausender rechnen. Bei 91 Tagen Ausbildung plus 18 Tagen Prüfung kommt ein bisschen was zusammen. Finanziell leichter ist es vielleicht, wenn man nebenher arbeitet – nur braucht man dann wohl einen verständnisvollen Chef und viele Urlaubstage… Berufstätige nehmen sich daher häufig etwas mehr Zeit für die Ausbildung und machen die Lehrgänge über die Jahre verteilt. Sobald man Aspirant ist, kommt etwas Geld in die Kassen: Pro Führungstag konnte man die letzten Jahre (Stand 2021) im Schnitt mit 250 €/Tag (brutto!) rechnen. Manche Bergführer oder Bergschulen bezahlen besser, andere schlechter.
Ist man fertig, empfiehlt der VDBS einen Tagessatz von 450€ zuzüglich Spesen zu verlangen. Arbeitet man für Bergschulen, fällt der Tagessatz je nach Führung und Bergschule anders aus, zwischen 280 € und 350 € ist ein gängiger Rahmen. Viele Kollegen arbeiten nebenberuflich als Bergführer mit dem großen Vorteil nicht ausschließlich vom Führen abhängig zu sein.
Weiterlesen:
>> Teil 2: Traumberuf Bergführer: Die Kehrseite der Medaille
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Über Susi
📷 Susi beim Wandern, Eisklettern, Klettern und Skifahren (Bilder: Susi Süßmeier, Julian Resch, Bernhard Hangl, Boris Textor)
Als Kind lernte ich von den Eltern das Skifahren und ging mit ihnen wandern. Als Jugendliche machte ich viele Sportarten gerne, irgendwann fing ich mit dem Klettern an. Das Klettern am Fels ist eine großartige Sportart, man ist gemeinsam mit Freunden meist an wunderschönen Plätzen in der freien Natur. Es ist in allen Facetten ein Miteinander, man braucht sich gegenseitig zum Sichern, kann sich Tipps geben und freut sich füreinander, wenn man ein Erfolgserlebnis hatte, denn man kann niemanden „etwas wegklettern“. Während des Studiums hatte ich die Möglichkeit die Ausbildung zum „Tiroler Bergwanderführer“ zu machen. Durch das Führen von Alpenüberquerungen und Wanderungen für einen Tourismusverband finanzierte ich mir mitunter mein Studium. Privat habe ich immer mehr Freude an allen verschiedenen Bergsportdisziplinen gefunden, und hatte das Glück in den Expeditionskader des Deutschen Alpenvereins aufgenommen zu werden. 2016 hatte ich dann alle Touren leicht beisammen, welche man zum Nachweis der eigenen Fähigkeiten vor Beginn der Bergführeraufnahmeprüfung absolviert haben musste. Da mir das Wanderführen sehr viel Freude bereitete, lag es nahe, meinen Kompetenzbereich zu erweitern. 2021 habe ich meine Ausbildung zur staatlich geprüften Berg- und Skiführerin abgeschlossen.
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